Krisenkommunikation & Social Media
Ukraine und Corona – Social Media als Schlüssel für Krisenkommunikation in der Kommune & bei Behörden
Seit über zwei Jahren ist Kommunen-Kommunikation quasi auch Krisenkommunikation. Maskenpflicht, Regeländerungen und Montagsspaziergänge führten dazu, dass Kommunikationsverantwortliche in Stadt und Land teils im Minutentakt Infos aufnehmen, aufbereiten und weitergeben mussten. Die Bürger*innen hatten Fragen – Social-Media-Verantwortliche auch. Die Ukraine-Krise führt dazu, dass eine große Zahl von Menschen nach Deutschland flüchtet: Unterbringung, Kita- und Schulplätze, Registrierung und Versorgung – wieder und parallel gibt es riesigen Kommunikationsbedarf. Wir sprechen mit Christiane Germann über Krisenkommunikation in der Kommune und bei Behörden: Sie war selbst mehrere Jahre Beamtin bei einer Bundesbehörde und berät Verwaltungen mit ihrer Agentur Amt 2.0 aktuell rund um Behörden-Social-Media.
- Was ist eine Krise?
- Krisen und Social Media
- Krisenkommunikation
- Krisenprävention
- Monitoring
- Redaktionsplan
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Social Media – Krisen-Treiber oder Krisen-Dämpfer?
Wir definieren Krisen so, dass im wahren Leben wirklich was passiert. Und die dazugehörige Kommunikation, die solche Krisen begleitet. Natürlich kann man das Ganze wieder nicht so ganz klar abgrenzen, denn ein Shitstorm kann auch ganz schnell zu einer realen Krise werden. Ein Shitstorm kann aber auch nach wenigen Tagen schon wieder vorbei sein. Eine bleibt erstmal über einen längeren Zeitraum.
Wer ist Christian Germann? Christiane war über 15 Jahre Beamtin, zuerst in einer Kommune und dann auch auf Bundesebene. Mit dem Thema Krisenkommunikation kennt sie sich sehr gut aus, weil sie im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge war, als 2014/15 die Flüchtlingskrise begann. In dieser Zeit ist sie dann ins Bundesinnenministerium gewechselt. Dann gab es Vorfälle wie den Breitscheidplatz Anschlag und ähnliche Ereignisse, bei denen sie an vorderster Front im Social Media Team mit dabei war und z.B. die Twitter Kommunikation übernommen hat. Mittlerweile ist Christiane keine Beamtin mehr, sondern Beraterin für Behörden im Bereich Social Media und vor allem zum Thema Krisenkommunikation. Christiane auf LinkedIn // Ihr lesenswertes Buch: Social Media für Behörden
Social Media ist in erster Linie ein neutraler Ort, an dem sich Leute austauschen und kommunizieren können. Zu Beginn vieler Krisen ist Social Media erst einmal durchweg positiv und wenig von Kritikern geprägt. Nach einiger Zeit kommen, aber dann doch immer mehr negative Stimmungen durch. Je länger es dauert, desto negativer werden die Stimmung und die Kommentare auf Social Media. Deshalb ist es wichtig, dass Behörden in solchen Fällen gut kommunizieren und den Prozess managen. Dabei sollte man so viel Transparenz reinbringen wie möglich.
Krisenkommunikation in der Kommune
Das Problem ist, dass wenn man jetzt z.B. im Falle der Corona Krise Informationen über Social Media kommuniziert, dann auch den ganzen Frust und jegliche Fragen abbekommt, die man evtl. gar nicht beantworten kann, weil man vom Ministerium oder Kreis nicht mehr übermittelt bekommen hat. Am besten fokussiert man sich auf die Dinge, die man auch in der Hand hat und gut damit umgehen kann. Man kann versuchen, die zuerst positive Grundstimmung so gut es geht weiter aufrechtzuerhalten, indem man versucht, so gut es geht,alles zu beantworten und z.B. informative Portale zu entwickeln. Immer versuchen, das Bestmögliche aus der Situation zu machen und seine Ansprüche zu erfüllen.
Praxistipp:
- Zwischenmeldungen
- Immer den aktuellen Stand kommunizieren
- Nur bestätigte Informationen herausgeben
- ggf. sehr oft mit einer hohen Schlagzahl posten
- Transparenz und Ehrlichkeit
- Prozess transparent darstellen
Geschwindigkeit
In Krisen geht oft alles so schnell, dass man nicht immer direkt die Chance hat, aus jeder Information eine gute Kommunikation aufzubauen. Man benötigt erst einmal Zeit, alle Neuigkeiten und Änderungen selbst zu verstehen und daraufhin dann die Inhalte so aufzubereiten, dass man sie herausgeben kann. Man muss sich auch die Zeit nehmen, sonst veröffentlicht man schlimmstenfalls Informationen, die man im Nachhinein wieder korrigieren muss. Vorlaufzeit ist wichtig!
Oft wird die Relevanz von Social Media gerade in einer Krise vernachlässigt und in der Kommunikationsstrategie vergessen. Und gerade wenn es dann um die Informationsverbreitung geht, ist Social Media für viele eine Anlaufstelle, bei der sie etwas finden sollten.
Funktioniert eine Krise auf Social Media anders als in der klassischen Pressearbeit?
Man kann die Kanäle vollkommen verschieden nutzen. Twitter und Facebook sind in Sachen Krisenkommunikation die geeignetsten Plattformen. Auf Twitter kann man in Echtzeit Informationen verbreiten und kommunizieren. Auf Facebook ist das eher schwierig, weil der Algorithmus Beiträge verschieden ausspielt und den zeitlichen Ablauf verzerrt. Aber auch Facebook hat seine Vorteile und man kann es für größere Meldungen mit mehr Hintergrundinformationen nutzen und um alle Fragen der Bürger*innen zu beantworten. Instagram fällt in diesem Zusammenhang etwas runter, weil man es entweder mit Facebook koppelt oder darüber noch versucht, die jüngere Zielgruppe zu erreichen.
Natürlich muss jeder für seine eigene Kommune/Behörde entscheiden, welche Plattform man wie effizient nutzen kann und will und vor allem worüber man die Mehrheit der Bürger*innen überhaupt erreichen kann. Das heißt, wenn Instagram genau DER Kanal deiner Kommune ist, kannst du natürlich auch diesen Kanal für die Kommunikation in einer Krise nutzen.
Haltung und Gesicht zeigen
Wie sagen wir immer so schön: “Inhalte, auf denen Menschen zu sehen sind, funktionieren besser!” Es macht definitiv einen Unterschied, wenn jemand sozusagen sein Gesicht dafür hinhält. Denn so kann man Dinge einfach anders und besser erzählen, vor allem auch in schwierigen Situationen und Krisen. In einer Kommune wählt man dafür am besten den Bürgermeister oder eine Person, der die Bürger*innen vertrauen und zuhören. So kann man den Leuten ggf. gut und Mut zu spreench und Gesicht zeigen. Und im Falle einer Krise ein bisschen für “Ruhe” sorgen…
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Krisenprävention
Du fragst dich jetzt wahrscheinlich, wie zur Hölle man sich auf eine Krise vorbereiten soll, denn man weiß ja nicht, wann und vor allem welche Krise auf einen zukommen wird, zurecht. ABER wir können dir versprechen, dass man sich auf jeden Fall so gut es geht, präventiv auf eine Krise vorbereiten kann, natürlich nicht inhaltlich, aber definitiv strukturell und organisatorisch 😉
Folgende Punkte kannst du vorbereiten:
- Abstimmungsprozesse z.B. mit dem Bürgermeister und anderen Stakeholdern klären
- Meldeketten festlegen
- Alle Kontaktdaten sammeln und Zugriff ermöglichen
- Wer macht was, wenn irgendwas passiert?
- Kommunikation innerhalb des Teams
- Technik vorbereiten
- Beiträge/Templates vorbereiten
- zusätzliche Ressourcen (Personal)
- Szenarien üben, Abläufe proben
Verantwortung und Verantwortlichkeiten klären
Gerade wenn man noch am Anfang von Social Media für Behörden steht, sollte man für den Ernstfall klären, wer für was verantwortlich ist und Fragen klären wie: Wer darf was posten? Wo darf etwas gepostet werden? Wer entscheidet über die Themen?
In hessischen Kommunen gibt es meistens einen SAE Plan ( = Stab für außergewöhnliche Ereignisse), eine Art Krisenhandbuch mit den verschiedensten Szenarien von kleinen Krisen bis hin zur Pandemie und Dingen wie Vulkanausbrüchen, die wahrscheinlich nie eintreffen werden. Darin wird detailliert beschrieben, wie jede Abteilung kommunizieren kann/darf.
Krisen monitoren
Mindestens genauso wichtig wie die richtige Vorbereitung einer Krise ist das Monitoring während der Krise. Es ist wichtig zu wissen, was die Bürger*innen und Stakeholder zu den Geschehnissen sagen und wie die Stimmung derer ist. Natürlich kann man dafür verschiedene Monitoring Tools nutzen, aber das Ganze geht auch manuell recht einfach zu handeln. Dazu gehört das manuelle Mitlesen auf z.B. Facebook und so weiß man, was die relevantesten Themen sind, oder auch die wesentlichen Hashtags auf Twitter sind. Das reicht in der Schnelligkeit dann auch erst mal aus.
Tools, die wir dennoch “empfehlen” können: Google Alerts oder Talkwalker.
Was ist mit meinem Redaktionsplan?
Wenn du jetzt schon voll dabei bist, deinen Redaktionsplan schon für mehrere Wochen vorausgeplant hast und auf einmal mitten in einer Krise steckst, fragst du dich wahrscheinlich, was du jetzt mit all den geplanten Beiträgen machen sollst. Wir empfehlen dir an dieser Stelle auf jeden Fall deinen Redaktionsplan zu stoppen/ zu pausieren und dich auf die Beiträge zur Krise zu konzentrieren. Es wäre bei ernsthaften Problemen einfach unangebracht, lustige Behörden-Posts rauszuhauen – das kommt bei den Leuten wirklich ganz schlecht an. Da sollte man definitiv noch mal in die Planung reinschauen und abwägen, was man noch posten könnte und was man sich lieber für später aufhebt.
FAZIT – Was ist gute Krisenkommunikation?
- Vorbereitung – Soweit es möglich ist, sollte man sich auf eine mögliche Krise vorbereiten.
- Haltung – Zeige Haltung, auch bei schwierigen Themen.
- Community Management – Fragen beantworten und Community monitoren.
- Kontinuität – In engem Abstand so viele Informationen geben wie möglich.
- Empathie – Entwickle ein Gespür für die Situation.
- Monitoring – relevante Plattformen und Themen beobachten
- Auf Augenhöhe kommunizieren – den Bürger*innen entgegenkommen und in sie hineinversetzen.
- Überstunden – Während einer Krise muss evtl. auch mal am Wochenende gearbeitet werden.
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